Einen Artikel über das Warnowschiff Rostock fand ich bei lindenpark.tv. Ich möchte Euch diesen Artikel nicht vorenthalten und habe ihn mit Genehmigung der lindenpark.tv in meine homepage eingebunden. Der Originalartikel kann unter dem Link http://www.lindenpark.tv/ nachgelesen werden.
MIT EINER HÖLZERNEN WURZEL
#Freitag,
07.September.2007
Text: Klaus Trophobie
Auf der
Webseite des Warnowschiffes (www.warnowschiff.de) findet man seit kurzem drei Sätze, in
denen der Betreiberverein darauf hinweist, dass er für Hotelbuchungen ab dem
30.09.2007 keine festen Zusagen mehr machen kann. Die Räumungsklage der Stadt
wurde gerichtlich bestätigt und aufgrund der Forderungen, die dadurch
entstehen, muss der Verein Insolvenz anmelden. Die Höhe der Forderungen wurde
in der Klageschrift erklärt und hat nichts mit dem aus einem Jahr
resultierenden Gewinn zu tun. Um diesen Betrag zur Verfügung zu haben, hätte
der Verein keine Energie verbrauchen dürfen und keine Angestellten bezahlen können.
Mehrmals wurde von allen Fraktionen der Bürgerschaft verlangt, dass die Räumungsklage
auszusetzen sei. Der Oberbürgermeister Roland Methling solle nicht versuchen,
die Entscheidungen der Bürgerschaft mit bürokratischen Mitteln auszuhebeln.
Wie kam es nun zu dieser Eskalation, in welcher der Betreiberverein
„Jugendschiff Rostock“ e.V. der Leidtragende ist?
Für eine vollständige Chronologie der Ereignisse würde dieser Text wohl zu
lang werden, trotzdem einige Eckdaten:
Die
Vorgeschichte
01. Juni 1994: Ein Mietvertrag (auf zehn Jahre befristet) wird zwischen
der Hansestadt Rostock und dem für den Betrieb im März 1994 gegründeten Förderverein
„Jugendschiff Rostock“ e.V abgeschlossen.
In den folgenden zehn Jahren betreibt der Verein das Schiff, hält es
instand, fördert mit seinen Räumlichkeiten Rostocker Projekte. Es entsteht
eine Ausbildungsstätte und der Verein „Hütte“ e.V. mietet Büros und
Kabinen für das betreute Wohnen von Jugendlichen und jungen Volljährigen.
2003: Das Steuerbüro Commerzial Treuhand erarbeitet einen neuen
Mietvertragsentwurf. Dieser wird durch den Förderverein an die Hansestadt
Rostock, Senatsbereich Wirtschaft und Touristik übergeben, es erfolgt keine Rückmeldung.
Der Förderverein führt mehrere Telefonate mit Herrn Nanz (Stadtverwaltung,
juristischer Berater) hinsichtlich einer Mietvertragsverlängerung.
28.01.2004: Der Förderverein erhält ein Schreiben mit der
Aufforderung, das Warnowschiff zu einem symbolischen Preis zu übernehmen, da
die Stadt aus finanzieller Sicht den Vertrag nicht verlängern oder neu
abschließen kann.
30.01.2004: Karin Menzer, die Geschäftsführerin des Fördervereins,
bittet die Hansestadt schriftlich um die Benennung der Übernahme- bzw.
Kaufmodalitäten.
05.11.2004: Antwort von Herrn Schröder. Er bedauert den Sachverhalt und
verweist auf die amtierende Oberbürgermeisterin Ida Schillen, da die
Problematik dort angesiedelt sei.
Aufgrund der Veränderungen in der Stadtverwaltung (Oberbürgermeisterwahl:
Ausscheiden von Herrn Eppler im Sommer 2001) gab es keinen Zuständigkeitsbereich
für das Schiff und damit keine notwendigen Entscheidungen.
Das
Haushaltssicherungskonzept wird ignoriert, es kommt zu Ausschreibung
Nach der Oberbürgermeisterwahl bekommt das Schiff vom Liegenschafts- und
Katasteramt den Hinweis, dass das Amt die Verwaltungsaktivitäten wiederbeleben
will und das Warnowschiff öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben wird. Die vom
Förderverein angebotenen 5.000 € werden in einem Antwortschreiben des Oberbürgermeisters
als nicht angemessen aufgefasst. Im Haushaltssicherungskonzept 2006–2009 wird
festgelegt, dass das Schiff zur Einsparung künftiger Sanierungsaufgaben an
einen Verein übergeben werden soll.
Das Konzept wird so am 01.02.2006 beschlossen. Die Ausschreibung wird
nicht ausgesetzt.
Herr Dr.
Treise bekommt den Zuschlag
Herr Dr. Treise gibt gerade noch termingerecht sein Angebot ab, welches um
5.000 Euro höher ist, als das Angebot anderer Bieter. Am 22.09.2006 teilt
der Förderverein in einem Schreiben dem Kataster- und Liegenschaftsamt mit,
dass er im Interesse der Sicherheit und der Betreibung des Warnowschiffes bis
zum endgültigen Verkauf von einer stillschweigenden Verlängerung des
Mietvertrages ausgeht. Bei Abgabe des Schreibens erhält der Förderverein mündlich
durch den Abteilungsleiter Herrn Adler die Information, dass das Warnowschiff
zum 30.09.2006 gekündigt, das Schiff zu beräumen ist und alle Mieter
von Bord müssen.
Noch an diesem Nachmittag kommt der Oberbürgermeister persönlich an Bord und
weist nochmals auf die „rechtskräftige Kündigung“ zum 30.09.2006 hin.
Dabei signalisiert er, dass Herr Treise (Ostsee-Touristik) ca. fünf
Mitarbeiter des Fördervereins weiter beschäftigen würde (auch die Geschäftsführerin
Frau Menzer) und macht nochmals deutlich, dass mit dem Kündigungstermin alle
Mieter von Bord sollen.
Die Fronten
in der Stadt verhärten sich
Nachdem die Bürgerschaft und der Hauptausschuss beschloss, dass das
Warnowschiff an den Hütte e.V. verkauft werden soll, trotz des Vetos des Oberbürgermeisters,
fragte der Rechtsanwalt des Schiffes, Dr. Ilgner, schriftlich beim Kataster-
und Liegenschaftsamt an, ob bis zu einem endgültigen Beschluss das
Nutzungsverhältnis des Fördervereins fortbestehen würde.
Im Antwortschreiben des Kataster- und Liegenschaftsamtes vom 09.11.2006 auf
die Anfrage von Herrn Dr. Ilgner wird mitgeteilt, dass man mit dem weiteren
Nutzungsverhältnis nicht einverstanden ist, man habe den Vorgang an die
Rechtsstelle weitergeleitet, dort befindet sich bereits eine Räumungsklage in
Vorbereitung.
Das Schiff
wird zum Spielball
Die Geschäftführerin des Fördervereins benachrichtigt das Kataster- und
Liegenschaftsamt, dass der Verein bis zu einer Klärung des innerstädtischen
Streites weiterhin auf dem Schiff bleiben und seine Miete bezahlen wird.
Das Kataster- und Liegenschaftsamt antwortet, dass der überwiesene Betrag
nicht für eine berechtigte Nutzung entgegengenommen werden kann. Vielmehr wird
eine Räumung des Warnowschiffes erwartet, welche nach der Kündigung zum
30.09.2006 nicht erfolgt ist.
Da die angestrengte Räumungsklage mit einer Schadensersatzforderung verbunden
sein wird, welche über der Höhe des Nutzungsentgeltes liegt, wird der Betrag
für die Anrechnung der entstehenden Schadensersatzforderung einbehalten.
Am 06.12.2006 beschließt die Bürgerschaft in einer
Dringlichkeitssitzung mit großer Mehrheit den Antrag von Frau Koburger-Ari,
wonach man sich deutlich dagegen ausspricht, dass der Oberbürgermeister
versucht, Beschlüsse der Bürgerschaft mit bürokratischen Mitteln
„auszuhebeln“.
Am gleichen Tag wird die Klage auf Räumung von der Hansestadt Rostock gegen
das Warnowschiff in den Nachtbriefkasten des Landgerichts Rostock eingereicht.
In seinem Urteil vom 29.08.07 erklärt der Richter die Räumungsklage für
rechtskräftig. Der Oberbürgermeister kann im Alleingang Mietverträge kündigen,
da die Bürgerschaft ihm auch dieses Recht übertragen hatte, um Rostock vor
der Zwangsverwaltung durch das Land zu bewahren. Die Forderungen der Stadt
betragen an die 60.000 € und resultieren aus den Einnahmen, die sich nach
Berechnungen der Stadt innerhalb des verstrichenen Jahres seit Räumungsaufforderung
ergeben haben sollen.
Fazit
Interessant wird es bei der Frage, wer versucht, im Zusammenhang mit dem
Warnowschiff, demokratische Politik zu machen. Diese würde sich ja dadurch
auszeichnen, Kompromisslösungen zu finden. Und dies tut in dieser Kontroverse
nur das Schiff. Die Bürgerschaft dieser Stadt nutzt das Schiff eher als Mittel
zum Zweck, sie kann dem parteilosen Oberbürgermeister ankreiden, er nutze mit
logisch nicht nachvollziehbaren Vorgängen, die bis zum zivilen Prozess gehen,
seine Machtposition aus. Der Oberbürgermeister selbst stellt sich so dar, als
sei er in Sachzwänge verstrickt, die er nicht erklären will und die keine für
Rostock relevanten Konsequenzen mit sich bringen, aber funktionierende
Strukturen zerstören. Diese Vorgänge sind spätestens dann schwer
nachzuvollziehen, wenn sie versuchen, dem verschuldeten und fragwürdigen
Spekulanten Dr. Treise ein lukratives Objekt zuzuspielen. Dieser schüchtert
Journalisten ein und droht mit Klage, sofern über ihn berichtet wird.
Der Oberbürgermeister behauptet weiter felsenfest, er kenne Herrn Dr. Treise
nicht. Dieser wiederum läuft wutrot an, wenn man ihm Bekanntschaft mit
Methling unterstellt. Wie kommt es, dass die Stadt derart auf Herrn Dr. Treise
als Käufer beharrt? Es gab alternative Konzepte und Vorschläge vom
Betreiberverein, von der Bürgerschaft, vom Verein „Hütte“ …
Einerseits könnte die Stadtverwaltung etwas gegen das derzeitige
Nutzungskonzept haben. Es gibt ja auch einige Hinweise, die in diese Richtung
gehen. Es wird mit den Ansichten von Hotelbetreibern argumentiert, das Schiff würde
durch die Unterstützung durch die Stadt wettbewerbsverzerrend betrieben. Es
wird behauptet, ein Mietkauf durch den Verein „Hütte“ helfe nicht der
Sanierung des Haushaltes. Ja, wir reden hier von einem Betrag um die 200.000
€. Egal, auf welche Weise und in welcher Zeitspanne dieses Geld an die Stadt
geht. Es ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Also, warum suchen nicht alle Parteien eine vernünftigere Lösung? Der
Vorschlag eines Teils der Bürgerschaft ist eine Neuausschreibung, die
Verwaltung äußert sich nicht dazu und zögert damit eine Lösung weiter
heraus. Stattdessen wird eine Räumungsklage durchgesetzt, bei welcher es auf
allen Seiten nur Verlierer gibt. Der Oberbürgermeister wird von der Bürgerschaft
immer mehr missachtet, wobei dies dann auf Gegenseitigkeit beruht. Das Ansehen
der Stadt wird bei schlimmer finanzieller Lage zusätzlich geschwächt. Der Förderverein
„Jugendschiff Rostock“ wird in die Insolvenz getrieben. Ein Herr Dr. Treise
fühlt sich als rechtmäßiger Käufer, der Verein „Hütte“ tut das auch,
die Lage bleibt unklar. Ein unnötiges Problem in einer Stadt, die genug andere
Probleme hat.
Weiter führende Links zum Jugendschiff Rostock bzw. Warnowschiff:
Warnowschiff vor Verkauf - ein Artikel von Norddeutsche Neueste Nachrichten Der Link zu den Artikeln der Nord- | |
Nordkurs fürs Warnowschiff - ein Artikel von Norddeutsche Neueste Nachrichten deutsche Neueste Nachrichten ist nicht | |
Warnowschiff legt am Nordfjord an - ein Artikel von Norddeutsche Neueste Nachrichten mehr aktuell, da die Artikel nicht mehr | |
Das Warnowschiff soll nach Norwegen verkauft werden zur Verfügung stehen. | |
Copyright © 2008 Helfried Röder Stand der letzten Bearbeitung: 13.09.2007 19:37 Uhr |